Toni Widmer, 1955, Journalist (BT/AZ) im Unruhestand, von, zu und in Sarmenstorf, leidenschaftlicher Camper und Vespa-Fahrer, seit 40 Jahren verheiratet mit Cornelia, zweifacher Vater, Grossvater von drei Mädels, sorgt ab und zu auch mit seinem Saxofon für ...
Toni Widmer, 1955, Journalist (BT/AZ) im Unruhestand, von, zu und in Sarmenstorf, leidenschaftlicher Camper und Vespa-Fahrer, seit 40 Jahren verheiratet mit Cornelia, zweifacher Vater, Grossvater von drei Mädels, sorgt ab und zu auch mit seinem Saxofon für Lärm.
Die Schweiz versinkt im Schnee
Hat man Sie schon wieder ausgegraben? Nun, ich denke, auch Sie dürften in den letzten Tagen tief versunken sein. Grund zu dieser Annahme, beziehungsweise Befürchtung, haben mir die Medien vermittelt: «Die Schweiz versinkt im Schnee», «Chaos auf den Strassen», «Südschweiz droht Katastrophe» – so und ähnlich haben verschiedene Print-Medien, vor allem aber Online-Portale berichtet. Und die Sozialen Medien lieferten umgehend die Belege für diese Behauptungen. Sagenhafte 37 Zentimeter weisse (Un-)Pracht hat Hugo aus dem Bündnerland auf Facebook gemeldet, mit dem Bild eines in den Schnee gesteckten Metermasses. Iris aus dem Tessin hat mit einem ähnlichen Bild sogar 38,4 Zentimeter ausgewiesen.
Wahnsinn! Und auch das Chaos auf den Strassen hat nicht auf sich warten lassen. Vor jeder kleinen Steigung haben am frühen Morgen nach dem ersten Schneefall die für diese Jahreszeit traditionellen Treffen der Sommerreifen-Fahrerinnen und -fahrer stattgefunden. Selbstredend haben die dort aber nicht etwa zusammen gefeiert, sondern gemeinsam geflucht. Über die unfähigen Leute vom Strassenunterhaltsdienst, über die Behörden, den Staat, den Petrus und überhaupt.
Der Garten vor unserer Parterrewohnung war an besagtem Morgen leicht überzuckert. Ein Hauch von Weiss, über das sich unsere Hündin mächtig gefreut hat. Versunken ist sie trotz ihrer nur mässigen Risthöhe von knapp 40 Zentimetern nicht. Womit einmal mehr bewiesen war, dass ich in einem aussergewöhnlichen Ort wohne. Laut Medien war zwar die «ganze Schweiz» im Schnee «versunken», nur Sarmenstorf nicht. Das haben Zeitungen und Online-Portale wohlweislich verschwiegen. Sonst hätte ja noch jemand merken können, wie kräftig sie mal wieder übertrieben haben.
Es hat eine Zeit gegeben, da habe ich mich über diese Art von Berichterstattung gewaltig aufgeregt und an der Morgensitzung tüchtig gemotzt, wenn in «meiner» Zeitung engagierte junge Kolleginnen oder Kollegen mal wieder getitelt haben: «Der ganze Aargau steht unter Wasser», weil es irgendwo einem kleinen Bächlein in seinem Bett zu eng geworden ist und es auf dem angrenzenden Strässchen eine Pfütze hinterlassen hat. Heute nehme ich bei solchen Meldungen Schneeschaufel oder Wasserkessel zur Hand. Ich bin ja pensioniert und habe Zeit zum Aufräumen.