Niko Läderach studiert Philo- sophie und Germanistik an der Uni- versität Zürich, arbeitet als Assistenz im Kinder- garten und an Wochenenden im Sportcenter. Seine Freizeit verbringt er gerne draussen mit dem Hund, an der Reuss, aber auch mal ge- mütlich zu Hause ...
Niko Läderach studiert Philo- sophie und Germanistik an der Uni- versität Zürich, arbeitet als Assistenz im Kinder- garten und an Wochenenden im Sportcenter. Seine Freizeit verbringt er gerne draussen mit dem Hund, an der Reuss, aber auch mal ge- mütlich zu Hause bei einer Lektüre.
WM-Fieber
Es ist Ende Juni. Die ersten wirklichen Sommertage des Jahres sind vorbei. Jedes kleine Rasenstück wird von Kindern als Fussballplatz genutzt. Die Schuhe dienen als Torpfosten, alles halbwegs Runde kann ein Ball sein. Für die Erwachsenen sind es Tippspiele mit Arbeitskollegen.
Läuft man durch die Städte und Dörfer sieht man des Öfteren mal einen Fernseher in der Gartenbeiz stehen. Von den Grossleinwänden und Festzelten ganz zu schweigen. In den Einkaufsläden hängen lauter Girlanden mit Nationalflaggen und als Sonderaktion bekommt man zu jedem Einkauf ein «Panini-Bildli» dazu.
Es ist die Zeit des Jahres, zu der normalerweise die grossen Fussballturniere stattfinden. «2022, das ist ein WM-Jahr.» Und dennoch sehen wir im Moment weder Fähnchen an Autos, noch hören wir nächtliche Hupkonzerte.
Klar, viele Menschen haben sowieso nichts mit Fussball am Hut. Aber die Grossanlässe sind mehr als Fussball. Es geht um Gemeinschaft, Freude, ums Festen, vielleicht sogar etwas um Nationalstolz. Meist hat es für jeden etwas dabei.
Die Fussball WM 2022 findet in Katar statt, grösstenteils im Dezember. In den europäischen Sommermonaten sei es in Katar nicht möglich Fussball zu spielen, zu heiss. So die Erklärung, die man meist hört. Es ist aber leider nicht das Einzige, was man aus Katar hört. Menschenrechtsdebatten bestimmen momentan die Diskussionen. Geld spielt dabei immer eine ganz wichtige Rolle. Weder Gemeinschaft noch Freude stehen im Vordergrund.
Und das, obwohl doch jetzt die Zeit dazu wäre. Natürlich, die ganze südliche Hemisphäre befindet sich sowieso im Winter. Ob da dieselben Gefühle auftauchen würden, sei mal so dahingestellt. Vielleicht geht es aber gar nicht um Sommer oder Winter. Vielleicht geht es mehr um die Werte, die eine Fussball WM zu vermitteln vermag. Gemeinschaft, Freude, vielleicht sogar etwas Nationalstolz. Es sind die Werte und Gefühle, welche verloren gehen, wenn sich die Debatte um die WM nur innerhalb kritischer Diskussionen abspielt. Es kommen weder Gemeinschaftsgefühle noch Freude auf, wenn wir über tote Gastarbeiter sprechen, anstatt gemeinsam den Grill anzuwerfen. Es geht nicht um Winter vs. Sommer oder Badi vs. Weihnachtsmarkt; Es sind die Gefühle, die eine Fussball WM für alle vermitteln kann, die den Wert des Anlasses ausmachen. Gefühle der Gemeinsamkeit und Freude täten im Moment allen, über den ganzen Globus verteilt, ganz gut. WM-Fieber anstatt WM-Fieber.