Stefan Schmid, Jg. 1955, wohnt in Mellingen. Nach vielen Startup’s im Beruf, nun Startup’s in Kultur und Politik: Engagiert in der Museums-Kommission, im Vorstand der Melliger Spiellüt und eifriger IG-ler.
Bourbaki
Im letzten ...
Stefan Schmid, Jg. 1955, wohnt in Mellingen. Nach vielen Startup’s im Beruf, nun Startup’s in Kultur und Politik: Engagiert in der Museums-Kommission, im Vorstand der Melliger Spiellüt und eifriger IG-ler.
Bourbaki
Im letzten Februar besuchten ein guter Kollege und ich das Bourbaki-Museum am Löwenplatz in Luzern. Es besteht im Wesentlichen aus dem gewaltigen 360-Grad-Panorama der Ankunft der geschlagenen französischen Armee von General Bourbaki 1871 nahe des Val de Travers im Jura. Die Szene ist unbeschreiblich: So viel Leid, soviel Tod.
Wir machten uns danach auf den Weg nach Les Verrières, um an Ort den Eindruck des Geschehens erfassen zu können. Nach anderthalb Stunden Fahrt waren wir da. Natürlich sieht heute alles anders aus. Aus Bauernhöfen wurden Garagen, Tankstellen und bunte Dorfläden. Aber dazwischen stehen Häuser, die sicher vor 150 Jahren schon dort standen. Dicke Mauern und kleine Fenster. Ein eiskalter Wind blies. Ich stellte mir vor, wie alles begann, am 1. Februar 1871: Der Leutnant der Schweizer Grenzsoldaten wurde auf einige schwarze Punkte in Richtung Frankreich aufmerksam gemacht. Er befahl sofort erhöhte Bereitschaft. Bald erkannten sie vier Berittene langsam näherkommen, vier ausgemergelte französische Soldaten auf halbverhungerten Pferden. Der Vorderste mit einem weissen Lappen in der Hand.
«Arrêtez, Messieurs. Anhalten. Die Grenze ist geschlossen. Drehen Sie um», rief ihnen der Leutnant aus Rufdistanz zu. «Das wäre unser sicherer Tod», rief der Soldat zurück und schwenkte den weissen Lappen. «Die Deutschen machen alles nieder, was ihnen über den Weg kommt. Ich bitte für uns und unsere Leute um Asyl». Der Leutnant wägte einen Moment ab. Sie waren ja keine Unmenschen, und entscheiden soll doch der Hauptmann. Er deutete mit einer Handbewegung an, die Reiter sollen näherkommen. «Gewehr in Anschlag!», befahl er seinen Soldaten. Schmutzig, mager, zitternd, mit behelfsmässigen Verbänden, die Pferde ermattet, standen sie da. «Wie viele seid ihr denn?», fragte der Leutnant.
«Siebenundachtund-äh-acht-äh»
«Wie viele nochmal?»
«Siebenundachtzigtausend, etwa». Der Leutnant lief rot an und herrschte seine Leute an: «Bringt mir den Hauptmann, sofort, und wenn ihr ihn aus dem Scheisshaus zerren müsst!».
87 847 französische Soldaten wurden entwaffnet, für sechs bis acht Wochen interniert und auf 188 Orte im Lande verteilt. Die Hauptlast für Unterkunft und Verpflegung trug die Schweizer Bevölkerung.
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