Tiergeschichten von Rudolf Hug
Im Regenwald von Costa Rica entdecken wir völlig überraschend ein Dreifinger-Faultier in einem Baum, auf etwa 3 Metern Höhe. Ganz langsam ist es auf dem Weg nach unten und frisst zwischendurch noch ein paar Blätter. Diese ...
Tiergeschichten von Rudolf Hug
Im Regenwald von Costa Rica entdecken wir völlig überraschend ein Dreifinger-Faultier in einem Baum, auf etwa 3 Metern Höhe. Ganz langsam ist es auf dem Weg nach unten und frisst zwischendurch noch ein paar Blätter. Diese Faultiere leben normalerweise hoch in den Wipfeln und verlassen ihren Baum nur einmal in der Woche, um ihr Geschäft zu erledigen. Ein hochriskantes Unterfangen, denn am Boden sind sie noch langsamer und leichte Beute für ihre Fressfeinde. «Warum tun sie das?», frage ich meinen Guide Yehudi. Die Blätter, die sie fressen, haben zu wenig Nährstoffe, erklärt er. Deshalb leben im Fell der Faultiere fetthaltige Grünalgen, die sie mit ihren Klauen abkratzen und als Nahrungsergänzung zu sich nehmen. Diese Algen brauchen aber auch Nährstoffe und die bekommen sie von Motten, die ebenfalls im Fell leben und bei den wöchentlichen Besuchen ihre Eier in den Kot des Faultiers legen. Beim nächsten Besuch fliegen die unterdessen geschlüpften Motten dann zum Faultier und bringen dabei Kotreste mit. Zusammen mit den abgestorbenen Motten erhöhen sie den Stickstoffgehalt im Fell, was wiederum den Algen als Nahrung dient. Eine unglaubliche Symbiose – allerdings mit einem hohen Risiko für das Faultier.
RUDOLF HUG
Rudolf Hug (72) lebt seit 28 Jahren in Oberrohrdorf. Nach seinen beruflichen und politischen Aktivitäten befasst er sich heute intensiv mit der Fotografie.
Neben mehreren Fotoexpeditionen pro Jahr publiziert er und hält Vorträge.
Die Bilder der Rubrik «Tiergeschichten» sind ausgewählt aus Hugs Buch «Tiergeschichten aus aller Welt»; erhältlich in Buchhandlungen, bei der Papeterie Calmart in Fislisbach oder bei Rudolf Hug direkt.
Informationen: rudolf-hug.ch