Patient verzichtete bei OP auf Narkose
26.01.2024 Remetschwil, Region RohrdorferbergAm KSB liess sich Daniel Gisler unter Hypnose eine Metallplatte im Schienbein entfernen
Am Kantonsspital Baden (KSB) wurde erstmals ein Patient unter Hypnose operiert. Dem Remetschwiler, Daniel Gisler, wurden bei der einstündigen OP eine Metallplatte und mehrere Schrauben am Schienund ...
Am KSB liess sich Daniel Gisler unter Hypnose eine Metallplatte im Schienbein entfernen
Am Kantonsspital Baden (KSB) wurde erstmals ein Patient unter Hypnose operiert. Dem Remetschwiler, Daniel Gisler, wurden bei der einstündigen OP eine Metallplatte und mehrere Schrauben am Schienund Wadenbein entfernt.
Den einstündigen Eingriff überstand Daniel Gisler (55) ohne Narkose und Schmerzmittel. Das hat selbst das OP-Team erstaunt. Am KSB wurde erstmals ein Patient unter Hypnose operiert. «Das ist in der Tat ein aussergewöhnlicher Wunsch», sagt Prof. Karim Eid, Chefarzt Orthopädie/Traumatologie KSB. «Als innovatives Spital wollten wir dem Patienten diese Erfahrung ermöglichen, zumal wir selbst neugierig waren, ob und wie die Hypnose-Methode funktionieren wird.»
Vorsorglich gab es einen Notfallplan: Hätte der Patient während des Eingriffs zu starke Schmerzen verspürt, wäre die OP unter Lokalanästhesie fortgesetzt worden. Hätte das ebenfalls nicht geklappt, wäre der Eingriff unverzüglich abgebrochen worden. Doch soweit kam es nicht.
Patient hypnotisierte sich selbst
Im Normalfall wird dieser Eingriff mit einer ambulanten OP, einer Vollnarkose oder zumindest mit einer Lokalanästhesie durchgeführt. Dabei wird das Bein über eine Länge von zehn Zentimetern bis auf das Schien- und Wadenbein geöffnet.
40 Minuten vor dem OP-Start versetzte sich Daniel Gisler per Audio-Aufnahmen selbst in Hypnose, um den «Esdaile-Zustand» zu erreichen. Diese Methode ist nach dem schottischen Chirurgen James Esdaile benannt, der bereits im 19. Jahrhundert seine Patienten vor Operationen in Trance versetzte. Dabei handelt es sich um einen sehr tiefen Hypnose-Zustand, bei dem die Patienten keinen Schmerz verspüren. Unterstützt wurde Gisler bei der Hypnose von Lajla Tahic aus Kloten. Beide hatten vor einiger Zeit eine Ausbildung zum Hypnose-Therapeuten abgeschlossen. Während des Eingriffs führte Tahic Gisler mit beschwichtigenden Worten an seinen persönlichen Wohlfühlort. Damit half sie ihm, in der tiefen Hypnose zu bleiben. Ausser leichtem Stöhnen und gelegentlichem Zucken blieb Gisler so ruhig, seine Augen waren stets geschlossen. Nach der OP zog er ein positives Fazit. Er habe zwar ein Ziehen beim Schnitt, Schmerzen bei der Verödung der Kapillaren und diverse Drucksituationen an seinem Unterschenkel verspürt. «Ansonsten war alles ganz erträglich», führte Daniel Gisler nach der OP aus. Am schmerzhaftesten sei für ihn das Zunähen der Wunde zum Schluss gewesen. Er habe während der ganzen OP die Kommunikation mitbekommen, jedoch bestmöglich ausgeblendet. Sein Fazit: Einen Eingriff in diesem Rahmen würde er wieder so vornehmen lassen.
Geringer Blutverlust währen der OP
Die starke Wirkung der Hypnose verblüffte das OP-Team. Beim ersten Eingriff vor eineinhalb Jahren benötigte Daniel Gisler starke Schmerzmittel. Damals brach sich der Remetschwiler bei einem häuslichen Unfall das Schien- und Wadenbein. Wie bei einer solch schweren Verletzung üblich, wurden im KSB Metallplatten, Nägel und Schrauben eingesetzt, um die gebrochenen Knochen zu fixieren. Da Gisler in der Zwischenzeit diese störten, wurde bei der zweiten OP ein Teil dieser Platten und Schrauben wieder entfernt. Dieses Mal verzichtete Gisler nicht nur auf die Narkose, sondern auch komplett auf Schmerzmittel. Erstaunt war der OP leitende stellvertretende Oberarzt, Dr. Steven Maurer, dass der Patient ohne vorgenommene Blutsperre sehr wenig Blut verlor. Bereits eine Stunde nach dem Eingriff verliess Daniel Gisler zu Fuss das KSB. Trotz der gelungenen OP unter Hypnose, wird diese Methode im KSB trotzdem nicht alltäglich. «Die klassische Anästhesie bleibt bei Eingriffen weiterhin unverzichtbar. Sie ist die mit Abstand sicherste Methode und für alle Patientinnen und Patienten geeignet», erklärt Prof. Karim Eid: «Nichtsdestotrotz sind wir für alle Optionen offen.»
Debora Gattlen