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13.02.2024 PorträtHeute Schelm Polteri
Noch bevor die Fasnacht richtig begonnen hat, wurde der Polteri von Oberrohrdorf am «Gruusige Mettwoch» im Sarg versenkt, zum Tode verurteilt vom Hohen Gericht. Exklusiv teilt der ruhelose Geist dem «Reussbote» mit, was ...
Heute Schelm Polteri
Noch bevor die Fasnacht richtig begonnen hat, wurde der Polteri von Oberrohrdorf am «Gruusige Mettwoch» im Sarg versenkt, zum Tode verurteilt vom Hohen Gericht. Exklusiv teilt der ruhelose Geist dem «Reussbote» mit, was er von seiner jährlich wiederkehrenden Verurteilung hält.
◆ Polteri, du wurdest letzte Woche für deine Schandtaten zum Tode verurteilt – einmal mehr. Was sagst du zum jüngsten Urteil?
Das Hohe Gericht macht es sich sehr einfach. Ich habe ja nichts verbrochen. Die Anklage wirft mir Taten vor, die alles andere als schlimm sind. Im Gegenteil, meine Aktionen nützen der Gemeinde. Der Verteidiger sieht das schon richtig, ich bin ein Freund und Helfer der Dorfgemeinschaft in Staretschwil und Oberrohrdorf.
◆ Du, ein Freund und Helfer? Wie hilfst du denn den Einwohnerinnen und Einwohnern im Dorf?
Ist es denn keine gute Idee, eine Initiative für Tempo 30 flächendeckend, also im ganzen Dorf zu unterstützen?
– Es ist eine arglistige Unterstellung, dass ich die Initiative mehrfach unterschrieben haben soll. Beweisen können die mir gar nichts! Und warum sollen wir die Feste nicht feiern, wie sie fallen? Das ist doch eine tolle Gelegenheit? Seit 50 Jahren sind die Oberrohrdorfer*innen und die Staretschwiler*innen ein Paar – beachtet bitte auch meinen Ansatz von geschlechtsneutraler Schreibweise ...
◆ Dieses Jahr hat ein Neuer deine Verteidigung übernommen. Der Neue macht es aber auch nicht besser als der Alte, oder?
Ach, das liegt ja auch nicht an ihm. Ohnehin soll er das Plädoyer nicht selbst verfasst haben, hat zumindest der Richter und Zunftmeister behauptet. Und der hat mich in früheren Jahren regelmässig verteidigt. Auch er, notabene, bis auf eine Ausnahme, immer erfolglos.
◆ Warum gibt es denn keinen Freispruch? Was denkst du?
Ganz einfach. Die wollen mich beim Feiern nicht dabei haben. Einen anderen Grund sehe ich nicht.
◆ Wirst du dich trotzdem aufrappeln und als sogenannter «Freund und Helfer» weitermachen?
Vielleicht sollte ich mir tatsächlich überlegen, nicht mehr wiederzukehren? Aber das ist halt auch mein Knochenjob. Was würden die Staretschwiler*innen und die Oberrohrdorfer*innen auch ohne mich machen? Die legen es mit ihren Ideen und Plänen durchaus darauf an, dass ich mich in meinem Sarg umdrehe ...
◆ «Zur Hölle mit ihm» lautete das Urteil des Hohen Gerichts. Verbringst du die restlichen Tage im Jahr dort?
Nein, als ruheloser Geist und Polteri krieche ich, bei erstbester Gelegenheit, aus dem Sarg. Das ist allerdings nicht ganz einfach, weil die Polterzunft die Deckel jeweils gut verschliesst. Aber ich habe meine Mittel.
◆ Und dann, wohin gehst du?
Ich versuche, mich überall im Dorf zu bewegen. Ich halte Augen und Ohren offen. Allerdings ist meine Kleidung etwas auffällig, aber der Polteri weiss sich zu helfen und er hat auch einige Helferinnen und Helfer im Dorf.
◆ Welche Anlässe besuchst du?
Wie man sieht, bin ich jedes Jahr am «Gruusige Mettwoch» dabei. Nicht ganz freiwillig, muss ich ehrlich gestehen.
◆ Wem würdest du gerne einmal deine Meinung sagen?
Ganz klar, dem Ankläger und auch dem Richter.
◆ Wo triffst du Freunde am liebsten?
Ich würde schon gerne wieder mal mit der Polterzunft feiern. So wie damals, als ich freigesprochen wurde.
Heidi Hess
Spontane Kurz-Fragen zum Schluss:
Himmel oder Hölle: Hölle, ich habe keine Wahl
Bier oder Wein: Bier
Süss oder salzig: Pasta Leone Rosso
Winter oder Sommer: Fasnacht
ÖV oder Auto: E-Trotti
Zelten oder Hotel: Sarg
Feiern oder verbrennen: Ganz klar, feiern
Staretschwil oder Oberrohrdorf: Staretschwil
Feuer oder Rauch: Rauch