Mary Milanovic Jaksic absolvierte ihren Bachelor in Kommunikationswissenschaften, Medienforschung und Soziologie an der Universität Zürich. Sie arbeitet beim Radio und spricht in ihrem Podcast offen über jedes Tabu-Thema. Wenn sie nicht gerade am Gilmore-Girls ...
Mary Milanovic Jaksic absolvierte ihren Bachelor in Kommunikationswissenschaften, Medienforschung und Soziologie an der Universität Zürich. Sie arbeitet beim Radio und spricht in ihrem Podcast offen über jedes Tabu-Thema. Wenn sie nicht gerade am Gilmore-Girls Binge-Watchen ist, dann schreibt sie sicherlich ihren nächsten Poetry Slam und verarbeitet so alle Gedanken und Geschehnisse, in der Hoffnung, dass die Poesie schwere Themen einfacher zu denken gibt.
Trigger-Warnung
Am 10. September fand der «Welt-Suizidpräventionstag» statt. Ein hartes Thema. Ein stigmatisiertes, tabureiches und verschwiegenes Thema. Und dennoch Teil der Realität, Teil unserer Gesellschaft. Man weiss nie so recht, wer in unserem Umfeld zu kämpfen hat, wie stark jemand tatsächlich sein muss. Und da es nicht nur einen Tag braucht, um über dieses Thema zu sprechen, uns bewusst zu werden, wie viel Worte und Hilfsbereitschaft ausmachen können, braucht es viel mehr. Zum Beispiel einen Slam, der die Gefühle und Gedanken von Betroffenen in Worte fasst, die Folgen beim Nicht-Zuhören, Nicht-Wahrhaben-Wollen und beim Weg-Ignorieren. Einen Poetry-Slam, der hart, aber wahr ist:
«Es muss weg, es muss raus, es muss endlich auf Papier. Wenn ich es nicht sage, bin ich nicht, also wer ist wirklich hier? Wie viel kann ein Kind schon erlebt haben, wie viel kommt denn noch? Nicht mein Kind, mein Kind doch nicht, wie oft kriegt man dies zu Ohren? Aber meine Füsse sind so kalt und du so ignorant, meine Angst ist bis in die Zehenspitzen festgefroren. Schau dich um, denn dein Kind, hat es durchgemacht, genau dein Kind war an diesem Punkt, hat sich in Gedanken bestimmt einmal selbst umgebracht und wir sprechen es nicht aus, denn wird es laut, ist es raus, es gibt kein Zurück. Wir lieben es zu leugnen und verarbeiten Dinge ganz bizarr, der eine lieber am Arm, der andere am Gesicht. Stattdessen war der Job im Büro wichtiger und das Geschwafel im Dorf, denn kranksein, das geht heut nicht mehr, das erdrückt zu sehr, das Bild, das wir aufrechterhalten. Es geht mir gut, ich bin okay, neige ich oft zu sagen, ist doch leichter als tausend neue Fragen. Es geht mir gut, ich bin okay, wiederhole ich immer wieder. Mein Kissen saugt die Tränen ein, ich leg mich hin und weine. Nicht mein Kind, mein Kind doch nicht.
Du bist nicht krank, oh Gott sei Dank, du bildest dir alles ein, ein bisschen Drama muss doch sein. Und am nächsten Morgen hörst du auf der anderen Leitung eine tiefe Stimme, die dir sagt, dass dein Kind auf den Gleisen liegt, vom Hochhaus fliegt, im Wasser trieb, aufs Dach stieg. Aber nein, dein Kind doch nicht, das wäre dir lieb.»