«Bitte bedienen Sie sich an der Selbstbedienung» informierte ein Schild in einer Autobahnraststätte in Deutschland. Herrlich dieser Satz, nicht? Über dem Eingang einer Toilette eines Restaurants stand zu lesen: «Getränkerückgabe». Wie schön, wenn in ...
«Bitte bedienen Sie sich an der Selbstbedienung» informierte ein Schild in einer Autobahnraststätte in Deutschland. Herrlich dieser Satz, nicht? Über dem Eingang einer Toilette eines Restaurants stand zu lesen: «Getränkerückgabe». Wie schön, wenn in der Kommunikation mit Witz gespielt wird, doch was geschieht, wenn die Kommunikation mal gänzlich fehlt? Der ICE von Zürich nach Lausanne bleibt in Olten stehen. Nun sitzen wir all hier, die lärmenden Schulklassen, das Rentnerehepaar und der junge Mann, der in die digitalen Tiefen des Handys versunken ist. Zehn Minuten … eine halbe Stunde, und das alles ohne Informationen aus dem Lautsprecher. Die Stimmung wird gereizt. Kopfschütteln, Fingertrommeln, Aufstehen und Hinsetzen künden Ungeduld an. Unsicherheit entsteht durch Unwissenheit. Warum geht es nicht weiter? Was ist passiert? In diesem Moment versagt unsere Informationsgesellschaft. Wie viele Passagiere hätten ihr Königreich für eine Erklärung zur rechten Zeit gegeben. Simone de Beauvoir sagte mal: «Die Unwissenheit ist eine Situation, die den Menschen so hermetisch abschliesst wie ein Gefängnis.» In diesem stehenden Zug sitzen Menschen, die vielleicht einen PC zusammensetzen, ein Gedicht aufsagen oder chemische Formeln erklären könnten. Doch all das hier versammelte Konzentrat an Wissen bringt weder den Zug in Fahrt noch eine Entspannung in die Gemüter. Wissen ist relativ. Es gibt doch noch Momente in einer Gesellschaft, die die Besser- und Alleswisser ratlos machen, wie gerade jetzt, im stehenden Zug ohne Durchsage. Irgendwo las ich von einer Studie, die besagt, dass Unwissen die Bereitschaft zur Gewalt fördert. Der letzte Weg, um aus der Machtlosigkeit rauszukommen? «Der traurigste Aspekt derzeit ist, dass die Wissenschaft schneller Wissen sammelt, als die Gesellschaft Weisheit.» Dieser Satz stammt vom Biochemiker und Science-Fiction-Schriftsteller Isaac Asimov. Wissen bringt uns etwas, wenn wir verstehen möchten. Das geht nicht ohne Empathie. Etwas nachvollziehen zu können generiert oft eine Neuauswertung von bisherigem Wissen. Bescheid zu wissen, ist beruhigend. Eine Erleichterung geht durch das Zugabteil, als der Kondukteur dann doch noch mit Red und Antwort für die Weiterfahrtsverzögerung erscheint. Als die Fahrgäste sich über die stummen Lautsprecher beschwerten, sagt der verblüffte Mann: «Das habe ich nicht gewusst.»
Der passende Buchtipp:
«Die Kunst, gute Gespräche zu führen – Kommunikation ist mehr als Sprache» von Ulrike Bartholomäus