Bei Irniger stehen die Maschinen für immer still
23.05.2025 NiederrohrdorfGegründet im Jahr 1903 von Jakob Irniger stellte die Schreinerei Irniger Innenausbau am 16. Mai 2025 den Betrieb ein
Am Montagmorgen meldete das Aargauer Amtsblatt den Konkurs der Traditionsfirma Irniger in Niederrohrdorf. 18 Mitarbeitende waren seit Ende April freigestellt. ...
Gegründet im Jahr 1903 von Jakob Irniger stellte die Schreinerei Irniger Innenausbau am 16. Mai 2025 den Betrieb ein
Am Montagmorgen meldete das Aargauer Amtsblatt den Konkurs der Traditionsfirma Irniger in Niederrohrdorf. 18 Mitarbeitende waren seit Ende April freigestellt. Inzwischen haben einige eine neue Stelle gefunden.
Die Schreinerei Irniger Innenausbau AG aus Niederrohrdorf muss Konkurs anmelden. Wie das «Badener Tagblatt» zuerst berichtete, steht die Traditionsfirma nach über 120 Jahren Unternehmensgeschichte vor dem Aus. So ist es seit Dienstagnachmittag auch auf der Website des Unternehmens nachzulesen: «Die Irniger Innenausbau AG hat ihren Betrieb per 16. Mai 2025 eingestellt.» Gegründet im Jahr 1903 von Jakob Irniger ging der Betrieb 2022 an die Brüder Hans und Roberto Jäckle und somit an ihre Holding Jack Bros AG in Rotkreuz, über die bereits am 9. Mai 2025 der Konkurs eröffnet worden war. Im Amtsblatt des Kantons Aargau wurde der Konkurs der Irniger AG am Montagmorgen publiziert.
Löhne bis Ende April bezahlt
Gegenüber dem «Badener Tagblatt» sagte Hans Jäckle, sie könnten die laufenden Rechnungen nicht mehr bezahlen. Dieser Umstand zwinge sie, den Betrieb zu schliessen. Die Bilanz sei bereits am 30. April deponiert worden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man die Mitarbeitenden entlöhnen. Mehr als die Hälfte der Angestellten hätten eine neue Stelle gefunden – Lernende unter anderem dank der Vermittlung des Schreinereiverbandes. Schreinereien in der Umgebung übernahmen Kundenprojekte und vermittelten ebenfalls Arbeitsplätze.
Sie hätten, als sie die Schreinerei 2022 übernahmen, automatisiert und digitalisiert, um international konkurrenzfähig zu bleiben, so Jäckle. Und 2024 sogar noch zusätzlich Personal eingestellt.
Regionale Betriebe sind solidarisch
Hans Jäckles Bruder Roberto Jäckle erklärte gegenüber der Schreinerzeitung, dass Terminverschiebungen und längere Ausfälle von Personen in Schlüsselfunktionen zu Liquiditätsproblemen und schliesslich zum Aus der Irniger Innenausbau AG geführt hätten. Zum Problem geworden seien auch Erhöhungen des Mietzinses und der Energiekosten.
Erfreulich sei, dass sich die regionalen Betriebe solidarisch gezeigt hätten und so bereits ein grosser Teil der 18-köpfigen Belegschaft eine neue Beschäftigung gefunden habe oder zumindest in Verhandlungen stehe.
Das Ende nach 122 Jahren
Die Schreinerei Irniger war 1903 als kleiner Handwerksbetrieb in Niederrohrdorf von Jakob Irniger-Egloff gegründet worden. Als der Firmengründer im Jahr 1944 starb, übernahm sein Sohn Jakob Irniger-Wettstein den Betrieb und übergab ihn 1963 an Jacob Irniger-Blunschi. In diese Ära fielen zahlreiche Weiterentwicklungen. 1969 wurde der Betrieb um das Möbelhaus und die Boutique «Form+Wohnen» in Baden erweitert. Als die Räumlichkeiten an der Oberdorfstrasse 1971 den Anforderungen eines modernen Betriebs nicht mehr genügten, zog man in den Neubau an der Mellingerstrasse 12 um. In den späten 1980er-Jahren wurde das erste computergesteuerte Bearbeitungszentrum installiert. Schliesslich übergab Jacob Irniger den Betrieb im Jahr 2001 seinen langjährigen Mitarbeitern Richard Irniger und Gallus Blunschi. Sieben Jahre später übernahm Markus Staubli den Betrieb von Richard Irniger und Gallus Blunschi – damit erfolgte erstmals ein Wechsel an eine Person, die nicht den Namen Irniger trug. 2022 verkaufte Staubli den Betrieb schliesslich an die Brüder Hans und Roberto Jäckle. Die beiden eröffneten Zweigniederlassungen in der Lenzerheide, sie übernahmen die Möbelmanufaktur Hermann Hasler AG in Neukirch-Egnach, Thurgau sowie im Herbst 2024 die Sitzplatz Schweiz AG in Menznau, Luzern. Für die Luzerner Sitzplatz AG war es ein letztes Aufbäumen, dessen Eigentümer hoffte in einer schwierigen Marktsituation und unter der Konkurrenz von internationalen Grosskonzernen, die Firma mit dem Verkauf zu retten. Anfang Mai teilte Sitzplatz AG allerdings mit: «Nach 131 Jahren Firmengeschichte stellen wir den Betrieb per sofort ein.» Das selbe Schicksal ereilt nun nach 122 Jahren auch die Irniger Innenausbau in Niederrohrdorf. – Die Möbelmanufaktur Hermann Hasler AG, welche als drittes Unternehmen zur Jack-Bros-Holding gehörte, war Anfang April verkauft worden und ist deshalb vom Konkurs nicht betroffen.
Heidi Hess