Der will doch eigentlich nur spielen, oder?
15.11.2024 Niederwil, FreiamtDer Fachvortrag am Dienstagabend zog ein grosses Publikum an. Das erfuhr nicht nur viel Wissenswertes über die Polizeihunde der Kapo Aargau und ihre Hundeführer, sondern durfte sogar live erleben, wie Spürhündin «Kiwi» echte Drogen erschnüffelte.
Mit so ...
Der Fachvortrag am Dienstagabend zog ein grosses Publikum an. Das erfuhr nicht nur viel Wissenswertes über die Polizeihunde der Kapo Aargau und ihre Hundeführer, sondern durfte sogar live erleben, wie Spürhündin «Kiwi» echte Drogen erschnüffelte.
Mit so einem grossen Ansturm hatten die Veranstalter des Fachvortrags nicht gerechnet. Eilends mussten noch Stühle für die zahlreichen Besucherinnen und Besucher herangeschafft werden. Tiere ziehen eben immer, besonders wenn sie so viel draufhaben, wie die Diensthunde der Kapo. Aber der Reihe nach. Eine Frage, die vielen Anwesenden unter den Nägeln brannte: Wie wird man überhaupt Hundeführerin bei der Polizei? Für Referentin Barbara Breitschmid, die heute stellvertretende Gruppenchefin Diensthundewesen und Instruktorin bei der Kapo Aargau ist, war es immer schon ein Traum, Hundeführerin zu werden – und zur Polizei zu gehen.
Ohne Letzteres geht es nämlich nicht. Bevor sie sich intern als Hundeführer bewerben können, müssen die Anwärterinnen und Anwärter zunächst eine dreijährige Polizeiausbildung absolvieren. So lief es auch bei Barbara Breitschmid, die 2003 schliesslich ihren ersten Diensthund «Cuba» bekam. «Der Hund wird als Welpe gekauft», erzählt sie. Dabei gehörten die Hunde ihrem Hundeführer und lebten auch in dessen Familie. Für den Unterhalt werden sie finanziell entschädigt. Wenn sie zu ihrem neuen Herrchen oder Frauchen kommen, sind die künftigen Polizeihunde acht bis zehn Wochen alt. Wie ihre menschlichen «Kollegen» müssen sie bestimmte Eigenschaften mitbringen. So sollten die
Hunde etwa «sozialverträglich» sein: «Es gibt aber auch Hunde, die sind zu lieb», erklärt Barbara Breitschmid auf Nachfrage.
Ab der 12. Woche beginnt das Training durch die Instruktoren. Die Ausbildung zum fertigen Polizeihund dauert 2,5 Jahre. Neben der Ausbildung zum Schutzhund spezialisieren sie sich dabei – je nach Eignung – weiter zum Personensuchhund oder zum Betäubungsmittelspürhund. Es gibt auch spezielle Datenträgersuchhunde, Brandmittelspürhunde sowie Blut- und Leichenspürhunde, über die der Kanton Kanton Aargau aber nicht verfügt. Bevorzugte Rassen bei Schutzhunden sind Malinois, deutsche und holländische Schäferhunde sowie Rottweiler. Drogen erschnüffeln bei der Kapo Malinois sowie Labradore und als Personensuchhunde sind Bayerische Gebirgsschweisshunde und Drahthaar Vizsla im Einsatz.
Für das Würstli macht es nicht jeder
Beim Training machen sich die Ausbilder den ausgeprägten Spiel- und Beutetrieb der Hunde zunutze. «Viele glauben, wir machen den Hund drogenabhängig», witzelt Breitschmid mit Bezug auf die Betäubungsmittelspürhunde – und stellt gleich klar: «Drogen sind für den Hund hochgiftig.» Daher dürften die Vierbeiner nicht direkt in Kontakt damit kommen. Die Hunde hätten aber grosse Freude an der Suche, die hochbelohnt werde. Die Vorlieben sind dabei ganz individuell. «Es gibt Hunde, die sagen: fürs Würstli kannst du selber suchen gehen», lacht die Instruktorin. Die Einsatzfelder der Diensthunde sind vielfältig. Seit 2022 gibt es im ganzen Kanton nächtliche Patrouillen, bei denen zwei Hundeführer sowie mindestens ein Schutzhund mit von der Partie sind. Die Polizeihunde werden aber auch durch die kantonale Notrufzentrale aufgeboten, etwa bei Schlägereien oder Einbrüchen. Wird in einem Gebäude ein Einbrecher vermutet, wird der Hund zuerst hineingeschickt und dann mit dem Hundeführer ein Raum nach dem anderen durchkämmt. «Ein Einbrecher verliert Adrenalin, das macht den Hund giggerig», so Barbara Breitschmid. Solange der gestellte Täter sich ruhig verhält, belässt es der Hund beim Bellen.
Gilt es ernst, beisst er aber so fest zu, wie er kann. «Wir haben wenige Einsätze, wo der Hund wirklich beissen muss», beruhigt die Polizistin jedoch. Die Spürhunde kommen nicht nur bei vermissten Personen oder bei flüchtigen Tätern zum Einsatz, sie können bei entsprechendem Training sogar Geldnoten erschnüffeln. So habe eine Hündin bei einem kürzlichen Einsatz mehrere Bündel Hunderternoten gefunden: «Notengeld riecht anders als Papier», so Breitschmid.
Kiwi war Star des Abends
Die achtjährige Hündin Kiwi, ist dagegen ein waschechter Betäubungsmittelspürhund. «Sie ist sehr nervös und will schaffen», beschreibt Frauchen Barbara Breitschmid ihren Charakter. Auch jetzt winselt Kiwi leise vor Aufregung und Vorfreude. Ein spezielles Halsband signalisiert ihr: Es geht an die Arbeit. Breitschmid hat zuvor an mehreren Stellen MDMA versteckt, ein synthetisches Amphetamin. Systematisch schnüffelt sich Kiwi durch den Raum, wird der Geruch stärker, kreist sie die Geruchsquelle immer enger ein, bis sie ganz sicher ist und angibt. Nach nur wenigen Minuten hat sie alle drei Verstecke mit ihrer feinen Spürnase gefunden. Tosender Applaus aus dem Saal, während Kiwi selbst nur Augen für ihren Ball hat. Am Schluss ist Zeit für Fragen: «Muss man Angst um den Hund haben?», will eine Frau wissen. «Er hat das gleiche Risiko wie ich», so Breitschmid, aber bisher sei im Aargau nichts Ernsthaftes mit den Hunden passiert. Und wann wird der Hund pensioniert? «Es gibt kein spezielles Pensionsalter», so die Antwort. Die gute Nachricht: Selbst wenn ein Polizeihund irgendwann seinen Dienst nicht mehr erfüllt, so bleibt er doch weiterhin bei seinem Hundeführer – bis zum Lebensende.
Michael Lux