Gesundes Essen und freundliche Worte
31.07.2025 MägenwilRund 50 Menüs werden im Auftrag des VAAS-Mahlzeitendienstes täglich für ältere Menschen gekocht
Erst seit einem halben Jahr kocht Claudia Etterlin in Mägenwil Menüs für Seniorinnen und Senioren. Sie hat ihre Kochkünste spezialisiert und verfeinert ...
Rund 50 Menüs werden im Auftrag des VAAS-Mahlzeitendienstes täglich für ältere Menschen gekocht
Erst seit einem halben Jahr kocht Claudia Etterlin in Mägenwil Menüs für Seniorinnen und Senioren. Sie hat ihre Kochkünste spezialisiert und verfeinert und wurde nun ausgezeichnet.
Teller und Schälchen aus Porzellan stehen auf der Theke. Sie wurden an diesem Vormittag mit Piccata (Kalbsschnitzel im Ei), Spaghetti, Bohnen, Salat und leichter Gerstensuppe, sowie mit einem Erdbeer-Mascarpone-Dessert gefüllt. Zur Auswahl standen auch die vegetarische Variante mit Tofu oder der «Sommerhit», ein kalter Roastbeef-Teller mit Salat und Melone, alles zubereitet von Küchenchefin Claudia Etterlin. Etterlin wird in der Mägenwiler Produktionsküche von zwei Frauen unterstützt, die ihr beim Gemüse rüsten und beim Abwasch helfen. Tag für Tag kocht sie zwischen 50 bis 70 Menüs für den Aargauer Mahlzeitendienst der Vereinigung Aktiver Aargauer Senioren (VAAS). Auch am Sonntag, dann meist einen Braten, auch am 24. Dezember, dann gibt es ein Weihnachtsmenü. Und das alles «jeden Morgen frisch», so lautet die Bedingung. «Hochwertiges Essen», erklärt VAAS-Präsident Heinz Widmer, der den Mahlzeitendienst vor fünf Jahren übernahm. Und mit Blick auf Box und Porzellan: «In hochwertigem Geschirr». Beides sei bei älteren Menschen, deren Appetit oft klein sei, wichtig, betont er. «Das Auge isst mit.»
Etterlin: «Eine super Sache»
Es trifft sich gut, dass Claudia Etterlin in Mägenwil Küchenchefin ist. Mit kunstvoll angerichteten Speisen kennt sie sich nämlich aus. Seit 2016 arbeitet sie in den renommierten Küchen der Marco Polo Hospitality Group. In Mägenwil arbeitet sie erst seit November 2024. Sie mache diese Arbeit «wahnsinnig gern», sagt sie. «Der Mahlzeitendienst ist eine super Sache.»
So sieht es auch ihr Chef René Holenweger, Gründer und Managing Director der Marco Polo Hospitality Group mit mehreren Restaurants in der Region. In erster Linie ist Holenweger aber leidenschaftlicher Gastronom, der über 20 Jahre lang in Hong Kong arbeitete. Die asiatische Küche faszinierte ihn so sehr, dass er sie nach Wohlen brachte. Heute betreibt Holenweger vier Restaurants in der Region, zwei in Wohlen, das «Yuki Kun» in Baden und das «Stadttörli» in Mellingen. Als Heinz Widmer auf ihn zukam und fragte, ob er für den VAAS-Mahlzeitendienst kochen wolle, war Holenwegers Produktionsküche bereits in Planung. In Mägenwil sollten Salatsaucen, Frühlingsrollen oder Satay-Spiessli für seine Restaurants entstehen. «Ein Mahlzeitendienst», sagt er hingegen, «das war für mich Neuland». Dennoch war Holenwegers Antwort positiv. Ihm gefiel die Dienstleistung und das Potenzial. «Wir können Synergien nutzen», ist er überzeugt. Er sagt aber auch: «Millionäre werden wir nicht.»
Am 1. Dezember 2024 kamen die ersten Mahlzeiten aus der Mägenwiler Küche. Seit dem 1. Januar 2025 bringen Fahrerinnen und Fahrer regelmässig Menü-Boxen zu Seniorinnen und Senioren in Mägenwil, Mellingen, links und rechts der Reuss entlang bis nach Bremgarten.
Heinz Widmers «Wunschkonzert»
Ein vollständiges Menü kostet 23 Franken, mit oder ohne Fleisch, püriert oder klein geschnitten – wenn jemand beispielsweise nach einer Rachenoperation Mühe hat mit Schlucken oder nach einem Armbruch das Besteck nur beschränkt nutzen kann. «Wir ermöglichen ein Wunschkonzert», erklärt Heinz Widmer.
Ihre Menüs wählen die Kundinnen und Kunden aus einem Wochenplan – seit dieser Woche auch aus Menüs mit dem Label «Fourchette verte». Diese Auszeichnung hatte sich Etterlin verdient. Allzu gross sei die Umstellung nicht gewesen, sagt die Küchenchefin. Sie habe schon immer ausgewogen gekocht. Und doch konnte sie dazu lernen. «Ein Menü, das den Anforderungen von ‹Fourchette verte› genügen soll, muss zwei Portionen Milchprodukte enthalten – zum Beispiel Milch in der Suppe und Quark im Dessert.» Mit diesem schweizweit gültigen Label wird vom Kanton ausgezeichnet, wer saisonal, regional, vielfältig und ausgewogen kocht. Vom Kanton beauftragt wurde Beatrice Meier, Ernährungberaterin beim Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg. Sie prüfte Etterlins Küche, achtete auf den Anteil an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen. Auch Matthias Felix, kantonaler Programmleiter Gesundheitsförderung im Alter, unterstreicht die Bedeutung gesunder Ernährung im Alter – neben weiteren Faktoren wie Bewegung und Psyche. Ziel sei, erklärt er, dass die Menschen möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung leben können.
Die wichtige Rolle des Fahrdienstes
Bisweilen würden Seniorinnen und Senioren klagen, weil die Portionen zu gross seien. Heinz Widmer aber beruhigt: «Vieles ist möglich. Die Speisen lassen sich halbieren, später essen, Suppe und Dessert kann man für den Abend aufsparen.» Das raten auch die freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer des VAAS-Mahlzeitendienstes ihrer Klientel.
Nach 10 Uhr kommen sie an die Alte Bruggerstrasse, packen bis zu 20 Menüs ein – drei Stunden lang bleibt das Essen in den Warmhalteboxen heiss. Zum Mittagessen stehen die warmen Mahlzeiten dann auf dem Tisch. Den einen genügt die Übergabe an der Haustüre, andere wechseln ein paar Worte, freuen sich über ein Gespräch. Heinz Widmer sagt: «Wir bringen unseren Seniorinnen und Senioren nicht nur gesundes Essen ins Haus. Für manche gehören wir zu den wenigen, regelmässigen Kontakten, die ihnen bleiben.» Er würde es deshalb begrüssen, wenn die Dienstleistung von Gemeinden nicht nur geschätzt sondern auch finanziell unterstützt würde.
Heidi Hess