Herbert Schmid von der Weinbaugenossenschaft über den Trend der sogenannten Piwi-Weine
Ein Birmenstorfer Piwi-Rotwein ist jüngst vom kantonalen Branchenverband prämiert worden. Herbert Schmid von der Weinbaugenossenschaft erklärt, warum Weine aus ...
Herbert Schmid von der Weinbaugenossenschaft über den Trend der sogenannten Piwi-Weine
Ein Birmenstorfer Piwi-Rotwein ist jüngst vom kantonalen Branchenverband prämiert worden. Herbert Schmid von der Weinbaugenossenschaft erklärt, warum Weine aus pilzwiderstandsfähigen Rebsorten im Trend sind.
Der Aargauer Branchenverband hat kürzlich über 180 Aargauer Weine aus neun Kategorien degustieren lassen und die besten 30 Prozent einer jeden Kategorie mit einem Diplom ausgezeichnet – darunter auch einen Wein aus dem Einzugsgebiet des «Reussbote», den Birmenstorfer Cabernet Jura, Jahrgang 2022, in der Kategorie «Rote Piwi-Sorten». Das Wort «Piwi» steht für «pilzwiderstandsfähig».
◆ Herr Schmid, der prämierte Wein der Birmenstorfer Weinbaugenossenschaft besteht aus einer Piwi-Rebsorte. Diese sind immer mehr im Trend.
Es gibt sie schon länger. Aber ja, die Piwi-Sorten sind in den letzten zehn Jahren immer beliebter geworden.
◆ Warum?
Wie das Wort sagt, sind die Züchtungen widerstandsfähiger gegen Pilzbefall als die klassischen Sorten wie Pinot Noir, Merlot oder Riesling-Sylvaner. Die neusten Sorten sind mittlerweile so robust, dass nur noch 20 Prozent der üblichen Menge an Spritzmitteln eingesetzt werden muss. Man muss auch nur zweimal im Jahr spritzen – gegenüber rund acht Mal bei den klassischen Sorten. Das ist ein weit besserer Wert als früher und natürlich entsprechend gut für die Umwelt.
◆ Woher stammt die prämierte Rebsorte Cabernet Jura?
In Zürich gibt es einen bekannten Piwi-Guru namens Valentin Blatter. Er züchtet neue Rebsorten, von denen wir nicht genau wissen, was für Kreuzungen das sind. Es bleibt jeweils sein Geheimnis, da er von den Lizenzen lebt. Er hat den Cabernet Jura gezüchtet, und wir haben ihn seit rund acht Jahren am Rebberg hier in Birmenstorf. Ausserdem haben wir neuerdings zwei weitere Piwi-Weine aus Blatters Rebsorten im Angebot, einen Sauvignac und einen Cuvé Noir.
◆ Sie führen bei der Genossenschaft also drei Piwi-Weine. Was für einem Anteil ihres gesamten Angebots entspricht das?
Wir machen insgesamt rund 25 Weine, die Schaumweine mit eingerechnet, und produzieren jährlich rund 35 000 Flaschen. Von den drei Piwi-Weinen gibt es pro Jahr je rund 1000 Flaschen. Das entspricht rund einem Zehntel.
◆ Und die Kundschaft, schätzt sie die Piwi-Weine?
Neue Traubensorten haben immer einen eigenen Geschmack, an den sich viele Kunden zuerst gewöhnen müssen. Wir müssen sie somit an die neuen Sorten heranführen. Danach finden sie meist Gefallen daran. So war es auch mit unserem Cabernet Jura. Zuerst hatten gewisse Kunden Mühe, einfach weil es ein neuer Geschmack war. Unterdessen verkauft er sich sehr gut.
◆ Haben Piwi-Rebsorten überhaupt Nachteile?
Eigentlich nicht. Sie müssen die gleichen Bedingungen erfüllen und die gleichen Fähigkeiten aufweisen wie die klassischen Rebsorten – zum Beispiel bei der Lagerung.
◆ Sind Piwi-Reben somit die Zukunft des Weinbaus?
Ich finde schon. Der Weinbau muss in diese Richtung gehen, denn die Piwi-Sorten bringen wirklich nur Vorteile mit sich – vor allem die massive Reduktion der umweltschädigenden Spritzmittel. Erfreulich ist, dass diese Sorten bei den neuen Anpflanzungen im Aargau unterdessen eine Mehrheit ausmachen. Die aktuellen Zahlen belegen, dass mehr Piwi-Reben als klassische Sorten angepflanzt werden.
Marko Lehtinen