Lieber Beat. Ich weiss, ein Nachruf auf eine noch lebende Person ist etwas peinlich. Dies, weil man in den Verdacht gerät, ihn über den Jordan zu wünschen. Stimmt also nicht! Brasilien ist schon weit genug.
Kennen tun wir uns seit deinem ersten Jahr in Mellingen. Getroffen ...
Lieber Beat. Ich weiss, ein Nachruf auf eine noch lebende Person ist etwas peinlich. Dies, weil man in den Verdacht gerät, ihn über den Jordan zu wünschen. Stimmt also nicht! Brasilien ist schon weit genug.
Kennen tun wir uns seit deinem ersten Jahr in Mellingen. Getroffen haben wir uns jeweils beim Feierabendbier im Städtchen. Gesprochen haben wir über Gott und die Welt. Zusammen sind wir in der IG, der Museumskommission und einen Kulturverein haben wir auch noch gegründet. Es waren gute Zeiten, sie sind es noch heute.
Wie im «Reussbote» zu lesen war, kamst du in jungen Jahren zum Schluss: «Der Stärkere gewinnt.» Ja, das ist wohl so, aber wer soll das sein? Der Einflussreiche? Der Gewalttätige? Der Hinterlistige? Der hoch Angesehene? Oder, wie in deinem Fall, der Beharrliche, der Sture, der Durchschauende und der mit den besten Nehmerqualitäten, wie es beim Boxen heisst? Wie du einmal beiläufig bemerkt hast, sind dir deine ersten Jahre im Stadtrat mit all ihren Widrigkeiten arg an die Nieren gegangen. Aber heute noch im Amt, bist du nicht nur der älteste, sondern aktuell auch der dienstälteste Stadtrat von Mellingen, nachdem euch die alte Garde das Feld überlassen hat. Zusammen mit der zäh durchhaltenden Györgyi Schaeffer, damals erst zwei Jahre im Amt, und drei neuen Stadträten habt ihr einen Neustart hingelegt, der anfangs zwar etwas holprig daherkam, wer könnte es euch verdenken, heute aber gut funktioniert. Du warst der Stärkere. Aber einstecken muss man mitunter auch von dir. Das muss man ertragen, wenn man sich mit einem kritischen Geist wie dir auseinandersetzen will.
Was hinterlässt du uns, wenn du, nein, nicht weggelaufen, wenn du weitergegangen bist? Zum Stadtheiligen wird es nicht reichen, da sind wir uns sicher einig. Aber du wirst als derjenige gelten, der die politische Erstarrung in der Stadt Mellingen als erster überwunden hat und damit zusammen mit deinem Kollegium ein Klima der Offenheit zwischen Behörden und Bevölkerung geschaffen hast. Ein Aufblühen von neuen Ideen wird sichtbar. Es wird über Kunst und Kultur gesprochen, um ein, ich sage mal, schier lautloses Städtchen zu beleben. Der Einwohner kann das Gespräch suchen mit obersten Stellen und wird ernst genommen, an Gemeindeversammlungen wie auch im Stadthaus selbst.
Und darum sage ich dir, Beat, was du in Zukunft öfter hören sollst: «Obrigado, Senhor Gomes.»